2020 — Was für ein Jahr?

Nun lieg es hinter uns. Dieses Jahr 2020. Dieses besondere, verrückte, schwierige … Ja, was für ein Jahr war es eigentlich?

Jedem Ende ruht ein neuer Anfang inne.

Es war auf jeden Fall ein herausforderndes Jahr. Wir alle mussten mehr oder weniger viele Gewohnheiten aufgeben, uns umorientieren, unsere Komfortzone verlassen und neue Lösungswege suchen. Wir hatten mit neuen Sorgen und Nöten zu kämpfen oder bereits bestehende haben sich verstärkt. Wir alle haben eine Krise zu durchsehen. Es ist uns unterschiedlich gut gelungen. Manchen besser als anderen, an manchen Tagen besser als an andern.

Jede Krise hat gemein, dass sie von uns eine Anpassungsleistung erfordert. Jede Krise gibt uns auch die Chance zu wachsen. Tatsächlich ist es so, dass Krisen uns die größte Chance zu einer Entwicklung liefern. Ohne sie haben wir keine Notwendigkeit dazu und da wir als Lebewesen dazu tendieren, unseren Status Quo aufrecht erhalten zu wollen, verhindert ein krisenfreies Leben geradezu eine große Veränderung. Wir verändern vielleicht ein bisschen etwas innerhalb unserer Komfortzone, aber nie das große Ganze.

Und so können wir davon ausgehen, dass egal, wie wir durch dieses Jahr gekommen sind, jeder von uns eine große Leistung vollbracht hat. Ich weiß, dass einige sehr unter der jetzigen Situation leiden, durch Arbeitsplatzverluste, Ängsten, Gefühlen der Einsamkeit, Überforderung und Hilflosigkeit, Verlust von Angehörigen, manche auch durch Schuldgefühle, andere angesteckt zu haben. Dennoch ist jeder von euch hier und kann diese Zeilen lesen. Jeder von euch hat es geschafft, dieses Jahr zu überstehen.

Wie hast du es geschafft, heute genau hier an diesem Punkt zu sein?

Wie hast du die Situation in deinem Sinne beeinflusst?

Welche deiner Fähigkeiten hat dir dabei geholfen?

Welche Person aus deinem Umfeld hat dir dabei geholfen?

Welche neuen Fähigkeiten hast du dieses Jahr an dir entdeckt?

Welche Fähigkeiten hast du wieder entdeckt?

Wie können dir deine Fähigkeiten in der Zukunft behilflich sein?

Welche Veränderungen waren sogar positiv?

Welchen neuen Blick hast du auf dich und die Welt gewonnen?

Wie kann dir dieser Blick für die Zukunft hilfreich sein?

Manche mögen vielleicht antworten: „Nichts habe ich geschafft und nichts hat mir geholfen. Es gibt nichts, worauf ich stolz sein kann.“ Euch kann ich sagen: „Ich glaube euch nicht!“ Ich habe solche Situationen schon oft erlebt und nicht ein einziges Mal konnte die Person ihre Haltung beibehalten. Es fällt uns manchmal schwer, unsere eigenen Fähigkeiten wahrzunehmen. Gerade wenn es uns nicht gut geht, fällt uns das schwer. Dann hilft es, mit anderen darüber zu reden. Scheut euch also nicht, diese Fragen mit anderen Personen zu erörtern. Es kann sehr erhellend und damit auch hilfreich und notwendig sein.

Ich für meinen Teil habe gelernt, dass Familie einen wichtigen Stellenwert hat. Sie kann für mich ein wichtiger Rückzugsort sein, wenn die Welt außenherum aus den Fugen gerät. Eine weitere wichtige Erkenntnis war, dass Entschleunigung dieser Welt möglich ist. Das Virus hat uns ausgebremst, gerade im Frühjahr. Einkaufen mit Schlangen vor den Kaufhäusern, Termine die abgesagt wurden, weniger Verpflichtungen. Und das war alles möglich, ohne, dass es zu einer Katastrophe geführt hat. Ich wünsche mir, dass wir genau dass in die Zukunft mitnehmen, auch wenn alles wieder geöffnet wird, wenn Treffen, Konzerte, Dienstreisen wieder möglich sind. Die Achtsamkeit dafür, was wirklich wichtig ist und die Freiheit nicht überall sein zu müssen. Mehr Ruhe mehr Gelassenheit.

Ich wünsche euch, dass ihr eure Entwicklung wahr und sie mit in das kommende Jahr nehmt. Und dann, wenn alles wieder möglich ist, nicht unbedacht in eine alte Normalität zurückkehrt, sondern euch eine neue Normalität nach euren Bedürfnissen gestaltet.

Euch allen ein frohes, glückliches und gesundes Jahr 2021!

Euer

Daniel Breutmann

Buchtipp – Suerte

Update 21.03.24: Am 15.3.24 ist Frederik Suter an den Auswirkungen seiner Erkrankung verstorben, bzw. er hat selbst entschieden, sich nicht mehr künstlich ernähren zu lassen. Der Verlag Edition Blaes, bei dem er sein Buch „Suerte – Der Teufelskreis des Glücks“ und 3 weitere Bücher als Co-Autor veröffentlicht hat schreibt hierzu: „Der Teufelskreis des Glück ist beendet“. Dem kann ich so nicht zustimmen.

Ja, man kann sagen, Frederik hat lange gegen sein Schicksal gekämpft und ist ihm am Ende doch erlegen. Andererseits ist es nie sinnvoll zu sagen, man kämpfe gegen den Tod. Der Tod ist nicht besiegbar, er ist ein Teil des Lebens und gehört dazu. Vielmehr hat Frederik sein Schicksal angenommen, hat sich dazu geschieden, sein Leben in die Hand zu nehmen und trotz aller Widrigkeiten zu genießen. Und darin kann er für uns alle ein Vorbild sein. Wenn wir mit unserem Leben Frieden schließen, so können wir auch mit dem Tod Frieden schließen. Und so hoffe ich, dass Frederik oder Fetzi, wie wir ihn früher nannten, seinen Frieden geschlossen hat und mit Zuversicht aus dem Leben scheiden konnte.

Der Teufelskreis des Glücks ist nicht beendet. Er lebt in uns weiter. Alle die, die sich von Frederiks Haltung und seinen Ideen anstecken ließen oder noch lassen, können diesen Kreislauf erleben und ihn so weiterleben. Wenn man Beileidsbekundungen und Nachrufe zu seinem Tod liest, erfährt und spürt man, wie viele Menschen er berührt und angesteckt hat, auch in den letzten Jahren. Und so können wir mit ganzer Sicherheit sagen: Frederik lebt weiter, in uns, und damit dreht sich auch der Teufelskreis des Glücks weiter.

Heute mal etwas nicht aus dem psychologischen Bereich, sondern aus dem Bereich der körperlichen Krankheiten und Behinderungen. Wobei auch in diesem Buch klar wird, wie eng diese Bereiche des Körpers und der Psyche miteinander verwoben sind.

Wissen Sie was NF2 bzw, Neurofibromatose Typ 2 ist? Ich bislang auch nicht. Obwohl ich den Autor kenne und ich weiß, dass sich nach meiner Zeit als sein Gruppenleiter, nach der ich keinen Kontakt mehr mit ihm hatte, vieles dramatisch verändert hat in seinem Leben.

Er war ein quirliger Kerl, der gerne Fußball spielte. NF2 veränderte sein Leben, er wurde gehörlos und gehbehindert. In seinem Buch Suerte erzählt er seine Geschichte. So authentisch, dass ich schon nach fünf Seiten sagen konnte: „Genauso kenne ich ihn!“

Es ist ein tolles Buch! Ein Buch das Mut macht. Mut, sich schwierigen Situationen zu stellen und das Beste aus unserem Leben zu machen. Alle die mit ähnlichen Schicksalsschlägen zu kämpfen haben, kann es Kraft und Hoffnung geben.

Uns Normalbehinderten zeigt es (teilweise schonungslos direkt) auf, wie unsinnig und teilweise abwertend wir mit Personen mit körperlichen Einschränkungen umgehen. Mir hat es zumindest die Augen geöffnet und manchmal auch beschämt. Auch darin zu reflektieren, wie bin ich damit umgegangen? Warum haben wir keinen Kontakt mehr? Auch im sozialen Feld Berufstätige können viel aus diesem Buch mitnehmen.

Bemerkenswert finde ich, dass auch die Familie von Frederik zu Wort kommt. Man erfährt, wie jeder seiner Eltern und Geschwister anders mit der für alle (emotional, mental und sozial) schwierigen Situation umgeht. Auch hier kann das Buch viel Unterstützung für ähnlich betroffene Angehörige bieten.

So kann ich Ihnen allen nur empfehlen: Lesen Sie dieses Buch!

Und dir Fetzi, danke ich für die Einsichten in dein Leben!

Titel: Suerte oder Der Teufelskreis des Glücks
Autor: Frederik Suter
Verlag: editionblaes

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Titelbild des Buches – HIER ist der Link zum Buch