2023 oder eher, was wir 2024 besser machen können

2023 ist Geschichte, ein Jahr, das doch seltsame Spuren hinterlässt. Es hätte das Jahr werden können, in der wir die Corona – Pandemie hinter uns lassen, wieder durchstarten in ein neues gemeinsames Leben.

Aber eines treibt mich in diesem Jahr wirklich um und das ist die wachsende Feindseligkeit. Damit meine ich nicht nur die wachsende Anzahl an Kriegen und Bedrohungen. Es ist traurig, dass wir vor fast 80 Jahren den Zweiten Weltkrieg beendet haben und scheinbar nicht daraus gelernt haben, wie wir gut miteinander umgehen können. Wie sinnlos Krieg, Unterdrückung, Mistrauen sind und wie wichtig es ist, auf Gemeinschaft zu setzen. Vor über 30 Jahren haben wir gemeinsam in Deutschland die Wiedervereinigung gefeiert, waren fasziniert davon, was wir als Menschen in einer großen Gruppe, in einer Gemeinschaft, die aber auch unterschiedlich war, erreichen können. Und heute scheint es, als stünden sich Ost- und Westdeutsche (was für eine furchtbare Beschreibung) so feindselig wie nie zuvor gegenüber.

Es ist nicht die einzige Spaltung, die wir erleben. Mann gegen Frau, Ausländer gegen Deutsche, Genderwillige gegen Genderfeindliche, Mittelschicht gegen Arbeiterklasse, Grün gegen Konservativ… was auch immer, aus allem wir ein Feindbild gemacht. Es ist, als seien wir in die Zeit von Karl Marx zurück versetzt. Unternehmer gegen Arbeiterklasse. Oder die Weimarer Republik, Kommunisten gegen Nazis.

Dabei zeigen Studien immer wieder, dass einer der größten Wünsche der Menschen und auch der Deutschen ist, in Gemeinschaft zu leben, Zugehörigkeit zu erfahren. In diesem Wunsch liegt zugleich das Problem und auch die Lösung der derzeitigen Situation. Denn zum einen führt der Wunsch nach Gemeinschaft dazu, dass man sich Gleichgesinnte sucht. Dafür ist man auch bereit, radikalere Einstellungen zu vertreten, als man eigentlich hat. Gerade bei radikalisierten Personen kann man entdecken, dass der Wunsch nach Zugehörigkeit eine große Rolle bei der Radikalisierung gespielt hat. Da ist es egal, ob es sich um Personen handelt, die sich im religiösen Sinne, wie Islamisten, im politischen Sinne, wie Rechts- oder Linksradikale oder in sonstigen Bereichen, wie bspw. Hooligans beim Fußball.

Das Streben nach Zugehörigkeit und Gemeinschaft führt also dazu, dass wir bereit sind Feindseligkeiten mit anderen einzugehen, obwohl wir uns doch Gemeinschaft wünschen. Die Feindseligkeit und Zerstörungskraft nehmen wir dabei in Kauf. Und das besonders, wenn wir uns ohne diese Gemeinschaft ausgestoßen oder schutzlos fühlen. Gerade Menschen, die sich nicht als Teil der Gesellschaft fühlen, die isoliert sind, ängstlich und frustriert sind schneller bereit, sich einer radikalisierten Gemeinschaft anzuschließen. Unterstützt werden diese Radikalisierungen von Feindbildern, die durch Politik und Medien aufgebaut werden. Feindbilder, die momentan besonders gerne aufgebaut werden: die Flüchtlinge, die uns überrollen; die faulen Bürgergeldempfänger, die sich auf unserem Rücken ausruhen; die Grüne Verbotspartei; die Klimafaschisten; auf der anderen Seite die Nazis; die unmündigen Ossi; usw.

Dabei ist andererseits die Lösung ganz einfach. Nämlich Gemeinschaft größer denken. Und auch viel kleiner. Wenn wir doch wissen, dass uns allen Gemeinschaft und Zugehörigkeit wichtig ist, was hält uns dann davon ab, aufeinander zuzugehen? Gemeinsam mit unseren Nachbarn, Bekannten, Mitmenschen an der einen, unseren Gemeinschaft zu arbeiten? In erster Linie ist es unser Mistrauen. Anstatt, dass wir unseren Nächsten Vertrauen, vertrauen wir Populisten, die uns vor unseren Mitmenschen Angst machen.

Wir sollten aufhören, ihnen zu glauben. Bürgergeldempfänger wollen in erster Linie dazugehören, ihren Teil beitragen, ihren eigenen Wert spüren. Was würden Sie machen, wenn Sie arbeitslos wären? Würden Sie gerne den ganzen Tag vor dem Fernseher hängen? Im ersten Moment mag sich das vielleicht noch verlockend anhören, aber ich versichere Ihnen, nichts ist so quälend, wie keine Aufgabe zu haben. Das Selbstwertgefühl leidet massiv darunter und damit auch unsere psychische Gesundheit. Glauben Sie also nicht denjenigen, die sagen, Bürgergeldempfänger seien faul und würden uns ausnutzen.

Flüchtlinge wollen in erster Linie Sicherheit und ein neues Zuhause, eine neue Zugehörigkeit finden. Wie würde es Ihnen gehen, wenn Sie in ein fremdes Land müssten, dessen Sprache Sie nicht sprechen, dessen Regeln Sie nicht verstehen? Würden Sie sich wünschen ein Teil der Gemeinschaft zu sein? Oder lieber am Rande dieser Gesellschaft ohne Zugehörigkeit?

Warum sollte Ihr Nachbar, der Bürgergeldempfänger um die Ecke, die Frau aus dem zweiten Stock, der Flüchtling in der Unterkunft soviel anders denken und fühlen als Sie? Im Grunde sind wir Menschen uns doch alle sehr ähnlich. Vertrauen Sie auf die Gemeinsamkeiten und darauf, dass wir gemeinsam Besseres erreichen können, als in unseren vereinzelten radikalisierten Gruppen. Wenn wir es schaffen zu vertrauen und offen aufeinander zuzugehen, können wir Lösungen schaffen.

Mit der Feindseligkeit und Radikalisierung der letzten Jahre schaffen wir leider das Gegenteil. Wir schaffen uns weitere Probleme, die unsere Gesellschaft nachhaltig beeinträchtigen wird.