Trauer und Einsamkeit

Wenn wir einen geliebten Menschen verlieren, ist es immer eine schwierige und (hoch-)emotionale Situation für uns. Gefühle von Verlust, Traurigkeit, Verlassensein, Einsamkeit, aber auch Wut, Hass und Schuld überkommen uns. Diese Gefühle überschwemmen uns auch in der Folgezeit immer und immer wieder.

Vielleicht ist es ein Phänomen der heutigen Zeit, zu erwarten, dass diese Gefühle uns nach kurzer Zeit wieder verlassen. Wenn wir schnell wieder alles unter Kontrolle haben, uns wieder im Griff haben wollen, wir ja wieder auf die schönen Seiten im Leben blicken „müssen“, dann macht es natürlich unsicher, wenn wir immer wieder von unseren Gefühlen überrollt werden.

Aus Erzählungen weiß ich aber auch, in vielen Familien durfte schon früher nicht getrauert werden. „Man steht seinen Mann oder seine Frau!“ Trauer sei ein Gefühl der Schwäche. Es fehlt (heute) aber auch an einem Trauerritual. Wie trauert man? Wie lange darf man trauern? Ist das normal, dass ich immernoch so traurig bin? Warum fange ich, plötzlich, wie aus dem Nichts, an zu weinen? Dies sind häufige Anliegen in meiner Beraterungspraxis.

Natürlich ist es sehr individuell, was hinter diesen Fragen steckt. Aber allgemein kann man sagen: Trauer dauert, gerne empfehle ich ein Trauerjahr. Und Trauer ist schmerzhaft und die Gefühle wichtig. Man darf die Gefühle zulassen und es ist ratsam dies zu tun. Man darf sich sogar fröhlich, erleichtert oder befreit fühlen. Meist ist es wie eine Achterbahn. Die Gefühle gehen hoch und runter.

Ein ganz anderes Phänomen ist es, auf das ich gerne mein Augenmerk lege, die Einsamkeit und Isolation. Trauernde habe häufig das Gefühl, anderen auf die Nerven zu gehen mit ihrer Trauer. „Die wollen sich doch nicht ständig die selben Geschichten anhören.“ „Wer will denn immer mit so einem Trauerklos zusammensein.“ Das führt zu einem zunehmenden Rückzug mit gleichzeitiger Erwartung oder Hoffnung, andere würden sich bei ihnen melden und ihre Hilfe oder Unterstützung anbieten.

Personen aus dem Umfeld fühlen sich häufig verunsichert: „Wie verhalte ich mich anderen gegenüber, die gerade trauern?“ „Was kann ich denn hilfreiches sagen?“ „Wie verhindere ich es, dass ich etwas Falsches sage?“ Gerade aus der Angst heraus, sich falsch zu verhalten oder aus der Überforderung mit den Gefühlen umzugehen, meiden sie die trauernden Personen. „Die werden sich schon melden, wenn sie was brauchen,“ ist eine oft geäußerte Erwartung. So entstehen beiderseitige Hürden und bei den Trauernden das Gefühl der Einsamkeit.

Wenn ein Verständnis für die andere Seite geschafft ist, rate ich den Trauernden auf ihr Umfeld zuzugehen. Dann erhalte ich die überraschten Rückmeldungen darüber, wie offen und interessiert der Freundes- und Verwandtenkreis reagiert hat. Den umstehenden Personen kann ich die Unsicherheit nehmen. Denn es ist nicht wichtig, was gesagt wird. Wichtig ist in erster Linie, da zu sein. Dann kann man gemeinsam trauern, lachen oder auch schweigen. Ratschläge, die hilfreich sind, kann man den Trauernden in der Regel gar nicht geben. Man kann zuhören, man kann trösten, gemeinsam die schweren Gefühle aushalten, in den Arm nehmen, essen, etwas spielen… Und wenn die Trauernden allein sein wollen, kann man auch einfach wieder gehen, mit dem Wissen, man hat bereits Großes geleistet.

Herzliche Grüße

Daniel Breutmann

Bloß NICHT lachen!

In Beratung, Therapie und Coaching kommen meist Klienten mit ernsten Themen. Nicht selten sind schwere Gefühle, wie Angst, Traurigkeit, Stress und Unsicherheit dabei. Häufig ist es ja gerade das Leiden, das zum Aufsuchen eines Psychologen animiert. Nicht selten scheuten sie sich, so erzählen mir Klienten, bei mir anzurufen, gerade weil sie die Schwere dieser Gespräche fürchteten. Vorangegangene Gespräche mit Verwandten und Bekannten haben diese Schwere erzeugt oder verstärkt. Die Luft wird zum Schneiden, die Stimmungen trüben sich, das Gespräch zieht sich wie Kaugummi. In dieser Atmosphäre wird das Leiden noch einmal vollumfänglich sicht- und spürbar. Wie soll man da denn auch Leichtigkeit hinenbekommen, in diese Schwere? Ich kann doch bei so einem ernsten Thema keine Witze machen? Wie soll sich denn da so ein armer, hilfsbedürftiger, schon fast auf-allen-Vieren-zur-Tür-hineinkriechender, mindestens aber Nase-auf-Hüfthöhe-zu-Boden-blickender Notleidender ernstgenommen fühlen? Das geht doch nicht!…. … …Oder doch?

Über eine der unsere Welt zunehmend bestimmende Soziale-Medien-Plattform habe ich kürzlich einen Artikel gelesen: „Bitte nicht lächeln!“ Ein Fotograf, der sich über das gezwungene Lächeln im Profilbild oder auf Bewerbungsfotos auslässt. „Mist“ habe ich da gedacht, „da kann ich alle meine Profil- und Homepagefotos in die Tonne kloppen!“ Seinen Beitrag schloss er mit der Feststellung, dass gekünstelte Lächeln eher befremdlich wirken.

Genau! Da ist es doch! Lachen muss von Herzen kommen und authentisch sein. UND Humor darf nicht abwertend sein. Eine gute Berater-Beratende(r)-Beziehung ist die wichtigste Grundlage für eine erfolgreiche Beratung. Dabei ist Humor sowohl eine verbindende als auch Lösungs-fördernde Komponente. Wenn man gemeinsam über etwas lachen kann, dann schweißt das zusammen. „In den Psychotherapien, die ich zuvor gemacht habe, musste ich immer weinen. Bei Ihnen gehe ich immer mit einem Lachen!“ sagte mal eine Klientin zu mir. Sie fühlte sich wohl und konnte sich gut auf den Prozess einlassen. Zuvor hatte sie mehrfach ihre Therapie abgebrochen.

Gleichzeitig werden beim Lachen Glückshormone ausgeschüttet. Das hebt die Stimmung und verwandelt Schwere in Leichtigkeit. Eine Leichtigkeit, die Viele, die zu mir kommen, schon länger nicht mehr gespürt haben. Die immer wiederkehrenden schweren Gedanken haben sie in einen Strudel gezogen, der sich immer belastender und bedrückender anfühlt. Humor schafft aber noch viel mehr. Wenn ich es schaffe, über mich selbst zu lachen, erhalte ich eine Distanz zu mir selbst. Ich kann mein eigenes Verhalten aus der Entfernung betrachten und ich bewerte es neu. Und so kann ich mich auch für ein neues Verhalten entscheiden. Ich kann mich aber auch immer noch gleich verhalten, nur dummer Weise huscht mir dann schnell ein Grinsen über die Lippen, wenn ich es bemerke. Wichtig ist hierbei, aber, Humor nicht mit Sarkasmus zu verwechseln. Bei Sarkasmus werte ich etwas ab, das bedeutet aber auch, das ich noch mitten drin stecke. Guter Humor ist wertfrei, teilweise sogar aufwertend. Mit gutem Humor gebe ich etwas seine Existenzberechtigung: Etwas darf sein, WEIL es komisch ist.

Mit Humor, Spaß und Lachfalten lässt sich auch viel spielerischer nach Lösungen suchen. Ich lasse mich auch mal auf etwas Neuartiges, Absurdes ein. Ich bin bereit, meine eigenen Grenzen schrittweise zu übertreten. Es macht mich neugierig, auch weil ich meine Angst vor dem Unbekannten verliere. Wenn ich lache, kann ich keine Angst empfinden. Probieren Sie es aus! Dem/der Ersten, der/die das doch schafft und sich bei mir meldet, spendiere ich ein Eis!
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Diese Gedanken und Erkenntnisse sind nicht neu. Jaak Panksepp hat zum Beispiel einen Großteil seiner neurobiologischen Forschungen darauf verwendet. Liebe, Neugier und Spiel sind für ihn die drei Grundvorrausetzungen für effektives Lernen. In allen drei ist Humor auf unterschiedliche Weise von Bedeutung. Auch Eckart von Hirschhausen sieht Humor als wichtige und unterschätzte Komponente in medizinischen Heilungsprozessen. Aber auch früher, bei vielen Großmeistern der Psychotherapie, ist Humor eine therapeutische Methodik. Ihr wurde aber selten eine zentrale Bedeutung beigemessen. Schade eigentlich. Die Provokative Therapie nach Frank Farrelly hat Humor als zentrale Komponente, denn ohne guten, gesunden Humor ist Provokation nicht hilfreich. Insgesamt ist dieses Feld in Forschung und Methodik aber noch ausbaufähig.

Ohne Humor würde mir Beratung, Therapie, Coaching oder Supervision nicht halb so viel Spaß machen :-) Natürlich ist nicht jedes Anliegen und jede Persönlichkeit dafür geeignet, humoristisch zu begegnen. In erster Linie muss sich der Klient mit seinem Thema ernst und wertgeschätzt fühlen. Doch eine Prise Lachen hat dabei noch nie geschadet und gerne darf es auch eine Prise mehr sein.